Ich muss ja gestehen, meine Tage in Porto starteten immer ein wenig später. Wenn ich nicht grade einen meiner Tagesausflüge machte, schlief ich lieber ein wenig aus und frühstückte ausgiebig. Gegen Mittag wurden es dann auch meist angenehme 12-14 Grad, sodass es gar keine schlechte Idee war, erst dann in den Tag zu starten.
Auch meine „Kostenlose Stadtführung“ startete urlaubsfreundlich um 10:45h auf dem Praça de Liberdade. Wir trafen uns mit einer größeren Gruppe am Denkmal von Pedro dem Vierten und wurden dann unserem Guide Daniel von Porto Walkers vorgestellt. Drei Stunden sollten wir mit ihm eine englische Stadtführung machen. Gezahlt wurde nach dem oft üblichen Trinkgeld-Prinzip: Jeder der Teilnehmer gab am Ende so viel, wie er wollte/ konnte.
Die Highlights von Porto zu Fuß erkunden
Ich mag diese Touren sehr, da sie einen schönen ersten Überblick über die Stadt und ihre interessanten Punkte gibt. Es hängt dann natürlich aber auch stark von dem jeweiligen Guide ab, wie die Tour tatsächlich ist. Meine Gruppe konnte sich nicht beschweren, Daniel hat das hervorragend gemacht. Da er hauptberuflich Schauspieler ist, lockerte er die Führung immer wieder auch kleine Rollenspiele auf und verstand es einfach, sich auszudrücken und interessante Geschichten zu erzählen.
Unsere Tour führte uns in den Bahnhof São Bento, wo uns die erste spannende Geschichte erwartete. Achtung, Spoilerwarnung! 😉
Zuerst verzögerte sich nämlich die Inbetriebnahme des Bahnhofs aufgrund einer Nonne. Der Bahnhof war früher, wie so viele alte Gebäude in Porto, ein Nonnenkloster. Nachdem die Pläne zum Umbau in einen zentralen Bahnhof gefasst wurden, hatte man den Nonnen das Recht eingeräumt, ihren Lebensabend noch im Kloster zu verbringen, während man schon mal mit grundsätzlichen Umbauten begann. Eine der Nonnen wollte einfach nicht sterben, sodass das Kloster erst 1894 endgültig abgerissen werden konnte, nachdem alle Gleise schon gelegt waren. Kurz vor ihrem Tob verfluchte die Nonne den Bahnhof angeblich noch… und die Legende sagt, um Mitternacht könne man sie sogar noch Schluchzen hören.
Danach ging es zum Praça de Batalha und der Igreja de Santa Clara, bevor wir uns oben auf der Ponte Dom Luís I. wiederfanden. Hier hatten wir einen Moment Freizeit, damit wir selbst auf Erkundungstour gehen konnten. Ich lief die Brücke bis etwa zur Hälfte hinüber, nutzte die Zeit dann aber lieber für eine Unterhaltung mit unserem Guide. Über die Brücke nach Gaia wollte ich sowieso noch mal gehen, da musste ich in dieser kurzen Pause nichts übers Knie brechen.
Eine bewegende Stadtgeschichte
Unsere nächste Station war die Sé Kathedrale. Hier machte Daniel uns auf die für eine Kirche doch eher ungewöhnlichen Burgzinnen aufmerksam und erzählte viel über die Umbauarbeiten, die an der Kathedrale über die Jahrhunderte vorgenommen wurden. Zum Beispiel war es so manchem Herrscher ein Dorn im Auge, dass Porto nie eine Burg besaß. Deswegen wurden an der Kathedrale unter Anderem die erwähnten Burgzinnen nachgerüstet.
Dazu passend kam die Erzählung auch auf den Estado Novo („Neuer Staat“) unter der Regentschaft von António de Oliveira Salazar ab 1933. Dann nämlich wurde in Portugal ein Einparteiensystem eingeführt. Die bereits 1926 unter einer Militärregierung von General Carmona eingeführte Pressezensur verhinderte ohnehin schon die freie Meinungsäußerung. Außerdem gab es ein Streikverbot und eine Einschränkung der Versammlungsfreiheit, was keine Opposition zuließ. Erst 1968 fand die Diktatur Salazars ein Ende, als dieser einen Schlaganfall erlitt. Sein Estado Novo wurde 1974 durch einen Militärputsch beendet, der Nelkenrevolution genannt wird.
Er seit 1976 herrscht in Portugal eine parlamentarische Demokratie, was für ein europäisches Land vergleichsweise spät ist. Dass diese Herrschaft noch keine 50 Jahre her ist, finde ich in unserer heutigen Zeit fast unvorstellbar. So erklärt sich aber auch, warum man in Porto immer wieder das Gefühl hat, dass es hier noch viel zu tun und modernisieren gibt. „Die Stadt erwacht langsam aus einem langen Schlaf“, hatte Daniel es genannt.
Ein süßer Abschluss der Tour
Nach diesem geschichtlichen Exkursging es durch die engen Gassen des Barredo Viertels hinunter zum Flussufer des Douro. Auf dem Weg stoppten wir noch an einer kleinen Bäckerei, die herrliche Katas, Schokokuchen und andere Köstlichkeiten zum probieren anbot. Unsere Tour endete also gut gestärkt nach über drei Stunden im Ribeira Viertel, wo Daniel uns noch einige persönliche Tipps für gutes Essen in der Stadt gab. Auch für Fragen oder Anmerkungen nahm er sich noch Zeit, bevor er weiterzog.
Von mir hier also eine klare Empfehlung für die Touren von Porto Walkers!
Auch in Sevilla hatten wir schon gute Erfahrungen mit einer Stadtführung gegen Trinkgeld gemacht.
Auch für den Rest des Tages hatte ich mir schon etwas überlegt. Da mit die Tour nach Foz do Douro so gut gefallen hatte, beschloss ich, noch einmal dorthin zu gehen. Ich hatte aus dem Busfenster viele nette Ecken auf dem Weg zur Flussmündung gesehen, die ich noch einmal zu Fuß erkunden wollte.
Ich genoß den Spaziergang bei herrlichstem Wetter und gönnte mir ein mitgebrachtes Cider am Vogelbeobachtungspunkt Observatório das Aves. Das war doch ein schöner Abschluss für den Tag! Den Weg zurück in die Stadt machte ich dann aber doch wieder mit dem Bus. Nur noch die obligatorische Strecke vom Praça da Liberdade zurück zu meiner Unterkunft ging ich zu Fuß… so viel Zeit musste sein!